Das Ingenium 2023 bot den Gästen einen Abend voller Austausch und Unterhaltung sowie Inspiration und Reflektion. In der Stahlhalle der Arbeitswelt-Ausstellung DASA Dortmund begaben sich die Ingenieurinnen und Ingenieure sowie Vertreter aus Politik und Gesellschaft dabei unter dem Motto "Arbeit im Wandel" auf eine Zeitreise durch den Ingenieurberuf.
Dr.-Ing. Heinrich Bökamp, Präsident der IK-Bau NRW, eröffnete den Abend und hob in seiner Begrüßungsrede die Bedeutung des Berufsstandes in Zeiten großer gesellschaftlicher Herausforderungen und Umbrüche wie der Coronapandemie, der Klimawende und der Künstlichen Intelligenz hervor. Seine Worte verdeutlichten auch, dass es wichtig sei, im Alltag innezuhalten und den Mitmenschen nicht aus dem Blick zu verlieren. Ein Dank zur rechten Zeit für nur scheinbar Alltägliches wirke manchmal Wunder.
Der erste Höhepunkt des Abends war dann die mit Spannung erwartete Keynote von Prof. Dr. Sigrid Brell-Cokcan, einer führenden Expertin auf dem Gebiet der Robotik und individualisierten Bauproduktion an der RWTH Aachen. Ihre Präsentation entführte das Publikum in die Zukunft des Bauens und Planens und gewährte faszinierende Einblicke in innovative Bautechnologien. Brell-Cokcan zeigte sich jedoch auch überzeugt, dass es im Hinblick auf den Grad der Digitalisierung auf der Baustelle immer unterschiedliche Geschwindigkeiten geben wird: "Wir sehen aktuell in der Forschung vor allem die unterschiedlichen Geschwindigkeiten in der Entwicklung der Digitalisierung. Das bedeutet nicht, dass eine Generation die andere abhängt, sondern wir werden in Zukunft mit unterschiedlichen Digitalisierungsgraden arbeiten müssen. Die einen arbeiten in Excel, die anderen arbeiten in BIM, die nächsten arbeiten bereits mit KI. Das heißt, das Spannungsfeld, das wir in den nächsten 10 Jahren erwarten, besteht darin, dass all diese Welten auf gleicher Ebene gleichberechtigt zusammenarbeiten können. Hier kann auch die IK-Bau NRW einiges beitragen, indem sie Innovationen zulässt, Standardisierungen unterstützt und die Arbeitswelt, die in den letzten Jahren sehr erfolgreich Bauwerke geschaffen hat, entsprechend einbindet."
Im Anschluss hatten die Teilnehmer die Gelegenheit, die beeindruckende Ausstellung der DASA zu erkunden. Die Vielfalt der Exponate zeigte auf anschauliche Weise die Entwicklung der Arbeitswelt vom Anbeginn der ersten industriellen Revolution. In diesen Kontext passte es, dass der Leiter der DASA, der Historiker Gregor Isenbort, in seiner Grußbotschaft ankündigte, dass das Thema Hoch- und Ingenieurbau in der DASA in den nächsten Jahren eine noch größere Rolle spielen wird. Während des gemeinsamen Abendessens machten die Gäste dann eifrig Gebrauch von der Möglichkeit zum Netzwerken.
Mit dem Generationen-Talk folgte schließlich ein weiterer Höhepunkt des Abends, den Christoph Spieker, M.A., Hauptgeschäftsführer der IK-Bau NRW, souverän und mit Esprit moderierte. In einer spannenden Gesprächskonstellation trafen Peter Dübbert, Ehrenpräsident der IK-Bau NRW, und die Ingenieurinnen Ragnhild Museiko und Sarah Kosmann aufeinander. Dieses Zusammentreffen der Generationen ermöglichte einen Dialog über die Veränderungen im Berufsbild der Ingenieurin und des Ingenieurs im Laufe der Zeit. Unterschiedliche Perspektiven, Erfahrungen und Ideen prallten aufeinander und schufen einen fruchtbaren Austausch, der zum Nachdenken anregte.
Wie Peter Dübbert berichtete, ist sein Arbeitsleben als Geodät immer wieder von plötzlichen und tiefgreifenden Umbrüchen geprägt gewesen. "Meine These ist, solche Veränderungen muss man annehmen, man darf nicht davor zurückschrecken, sondern muss versuchen, die eigene Berufstätigkeit entsprechend umzustellen. Dann sind auch grundlegende Veränderungen verkraftbar", so Peter Dübbert.
Ein wichtiges Thema im Hinblick auf die sich wandelnden Arbeitswelten war die Stellung der Frau im Ingenieurwesen. Ragnhild Museiko berichete: "Wenn ich auf eine Baustelle komme, bin ich immer noch in erster Linie die Frau auf der Baustelle und nicht die Ingenieurin." Für Ragnhild Museiko sollte das Geschlecht bei der Berufsausübung überhaupt keine Rolle spielen, doch bis zu diesem Ziel sei es aber noch ein weiter Weg.
Sarah Kosmann regte an, eigene Klischees und Rollenbilder zu hinterfragen. "Warum gehe ich mit jemandem anders um, weil er vielleicht weniger arbeitet, sei es, weil er Kinder zu Hause hat, sei es, weil er vielleicht andere Personen pflegt, nicht die klassische Vollzeit oder flexibel im Homeoffice arbeiten möchte. Es gibt heute unendlich viele Möglichkeiten, seinen Arbeitsalltag zu gestalten." Es sei nicht immer leicht, andere Möglichkeiten zu akzeptieren. In seinen eigenen Bildern und Stereotypen fühle man sich sicher. Dort wisse man, was auf einen zukomme. Doch wer dieses Verhalten reflektiere, könne es auch ändern.
Die Diskussionsrunde, aber auch das gesamte Ingenium 2023, zeigten, dass Ingenieurinnen und Ingenieure nicht nur technische Problemlöser, sondern auch gesellschaftliche Gestalter sind und sein müssen. Somit bleibt das Ingenium 2023 als ein Fest in Erinnerung, das die Ingenieurkunst, die Kreativität und die Innovationskraft der Branche feierte, aber gleichzeitig ermunterte, die gesellschaftliche Fortentwicklung des Berufsstandes weiter voranzutreiben.