25.05.2023
Bereits bislang galt, dass bei einem Widerruf nach erbrachter Leistung (z.B., weil keine oder eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung vorlag) der Unternehmer nicht das vereinbarte Honorar, sondern allenfalls einen Wertersatz für seine Aufwendungen erhielt.
Nunmehr hat sich der Europäische Gerichtshof mit Entscheidung vom 17.05.2023 (Rechtssache C-97/22) zu der Frage geäußert, inwiefern ein Verbraucher überhaupt zahlungspflichtig ist, wenn er einen außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag widerrufen hat. Wesentlich für die Entscheidung war, dass der Unternehmer es bei mündlichem Vertragsschluss versäumt hat, den Verbraucher über sein Widerrufsrecht zu belehren.
Zum einen hat der Unternehmer in einem solchen Fall keinen Anspruch auf die Zahlung der vereinbarten Vergütung. Zum anderen kann er auch keinen Wertersatz für die erbrachte Leistung verlangen. Der Europäische Gerichtshof gewichtete den Verbraucherschutz in Folge ausgebliebener Widerrufsbelehrung so hoch, dass der Unternehmer im Endeffekt keinerlei geldhaltigen Gegenwert für seine Leistung erhielt. Diese Wertung ist ebenso auf Fernabsatzverträge, also Verträge, die ausschließlich unter Einsatz von Telekommunikationsmitteln (Telefon, E-Mail) zustande gekommen sind, anwendbar.
Die Entscheidung ist auf Ingenieurleistungen übertragbar: Für Verträge über Ingenieurleistungen gilt ein Widerrufsrecht, wenn sie über Fernabsatzwege oder außerhalb von Geschäftsräumen des Ingenieurs mit einem Verbraucher geschossen werden. Kommt es hingegen zu einem Vertragsschluss mit Verbrauchern im eigenen Ingenieurbüro oder, unabhängig von der Örtlichkeit, mit anderen Unternehmern oder Vertretern der öffentlichen Hand, gilt das Erfordernis der Widerrufsbelehrung nicht.
Grund für die Einführung dieses Widerrufsrechts ist der Umstand, dass bei Verträgen, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden, eine übereilte oder unüberlegte Entscheidung des Verbrauchers nicht ausgeschlossen werden kann. Zum Schutz des Verbrauchers ist daher eine Widerrufsbelehrung vorgesehen, die ihn darüber aufklärt, sich kurzfristig vom Vertrag lösen zu können.
Im Rahmen der Widerrufsbelehrung ist der Verbraucher ist über die Bedingungen, Fristen und das Verfahren zur Ausübung des Widerrufs zu informieren. Zudem ist ihm ein Muster-Widerrufsformular zur Verfügung zu stellen. Im Idealfall erfolgt die Belehrung unmittelbar mit Vertragsschluss, spätestens sollte dies aber mit schriftlicher oder elektronischer Bestätigung des Vertrags geschehen.
Die Entscheidung finden Sie hier zusammengefasst.