27.04.2021
„Es freut mich, dass wir mit der Nordschleuse in Bremerhaven zum 26. Mal ein ‚Historisches Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst in Deutschland‘ auszeichnen. Damit schauen wir zum einen zurück, auf die beeindruckenden Ingenieurleistungen von vor über 90 Jahren. Gleichzeitig blicken wir aber auch nach vorn. Denn mit dieser Auszeichnung möchten wir für unseren großartigen Beruf werben und junge Menschen dafür begeistern“, betonte Dr.-Ing. Heinrich Bökamp, Präsident der Bundesingenieurkammer und der IK-Bau NRW.
„Es geht darum, die innovative und nachhaltige Ingenieurleistung hinter dem Bauwerk zu würdigen. Historisch betrachtet steht der Schleusenbau in einer langen Tradition wegweisender Entscheidungen, mit denen bis heute die Wettbewerbsfähigkeit des Hafenstandorts Bremerhaven stetig verbessert wurden“, erläuterte Dr. Claudia Schilling, Bremer Senatorin für Wissenschaft und Häfen.
„Wir sind sehr stolz darauf, dass das Land Bremen ab heute kein weißer Fleck mehr auf der Karte der Historischen Bauwerke der Ingenieurbaukunst ist. Mit der Nordschleuse und dem zugehörigen Ensemble haben die verantwortlichen Ingenieure sowohl ein Stück Zukunft gestaltet als auch ein Paradebeispiel für die Genialität vergangener Ingenieur-Generationen abgeliefert. Hinsichtlich Funktion und Zuverlässigkeit sowie der Einhaltung von Kosten und Terminen war es ein mustergültiges Vorhaben“, führte der Präsident der Ingenieurkammer Bremen, der Beratende Ingenieur Torsten Sasse, an.
Einige Zahlen: Die Nordschleuse entstand von 1927 bis 1931 unter der Leitung des Bremer Wasserbaubeamten Arnold Agatz (1891–1980). Damals wurde sie für die großen Schnelldampfer konzipiert. Zur Zeit des Baus galt sie als eine der größten Schleusenanlagen der Welt. Schon die veranschlagten Baukosten von 30 Millionen Reichsmark beeindrucken – heute müssten sie mit dem Faktor 3,6 multipliziert werden. Das Projekt umfasst 2,3 Kilometer Kajenmauern mit einer Höhe von 15 bis 19,5 Metern, massive Schleusenhäuser, zwei Schleusentore nebst Ersatztor, eine Drehbrücke, Eisenbahn- und Straßenanlagen sowie im Hochbau drei Maschinenhäuser, die heute unter Denkmalschutz stehen. Bereits in der Vorbereitungsphase wurden 400 Bohrungen mit einer Tiefe bis zu 50 Metern durchgeführt, um wichtige Erkenntnisse über den Baugrund zu erlangen. Verbaut wurden letztlich 26.000 Pfähle, 74.000 Tonnen Zement, 34.000 Tonnen Eisen, zumeist in Form von Spundbohlen in verschiedenen Varianten, 300.000 Kubikmeter Kies und Sand sowie 245.000 Kubikmeter Beton. Zudem waren Bodenbewegungen von über drei Millionen Kubikmetern notwendig.
Dass die Schleuse auch heute nach 90 Dienstjahren noch voll funktionstüchtig ist, wurde den geladenen Gästen der Auszeichnung durch die Einfahrt des in Bremerhaven stationierten Seenotrettungskreuzers „Hermann Rudolf Meyer“ demonstriert. Dass ausgerechnet ein Boot der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger zum Festakt einläuft, darf als durchaus passend zum Anlass gesehen werden, sind die Seenotretter doch bereits seit 1867 in Bremerhaven beheimatet.
Zur Nordschleuse in Bremerhaven hat die Bundesingenieurkammer eine Broschüre veröffentlicht, die von Sven Bardua verfasst wurde. Sie kann zum Preis von 9,80 Euro hier bestellt werden. Die Auszeichnungsreihe „Historische Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst in Deutschland“ wird vom gleichnamigen Förderverein sowie dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat unterstützt.
Weitere Infos unter www.bingk.de