10.01.2024

Digitale Transformation, Typisierung und Strategien für eine erfolgreiche Zukunft

Die Ingenieurarbeit ist ein faszinierendes Mosaik aus Herausforderungen, Erfolgen und Innovationen. Inmitten der Ära von Digitalisierung und schnellem technologischem Fortschritt vereinen Ingenieurinnen und Ingenieure traditionelle Prinzipien mit modernen Technologien. Die konsequente Digitalisierung und Integration von KI in Genehmigungsverfahren, beim Planen und in die Risikobetrachtung versprechen effizientere Abläufe und eine transparentere Zusammenarbeit.

Projekte nehmen neue Formen an. Hier treffen Planerinnen und Planer, Konstrukteurinnen und Konstrukteure sowie Visionärinnen und Visionäre zusammen, um die Bauprojekte von morgen zu gestalten. Meetings und Kommunikation sind das soziale Netzwerken, in dem Ideen und Lösungen entstehen. Ingenieure sind gleichzeitig Baumeister und Hüter von internem Wissen und Innovation. Gleichzeitig müssen sie sich und ihre Mitarbeitenden kontinuierlich weiterbilden, um die Grundlagen für nachhaltige Ingenieurleistungen zu bilden.

Inmitten des digitalen Umbruchs steht man unweigerlich vor der Frage: "Wo stehe ich auf dem Gradmesser der Digitalisierung auch im Vergleich zu anderen, und welche Unterstützung und Tools benötige ich, um meine Arbeit zu optimieren?" Die Antwort liegt nicht nur in den neuesten Technologien, sondern vielmals in der Selbstreflexion und dem persönlichen Zielbild.

Zu Beginn oder auch während der eigenen digitalen Reise kann es sich lohnen, zu hinterfragen, welcher Digitalisierungstyp man selbst ist. Wie gehe ich und wie gehen meine Mitarbeitenden, Kolleginnen und Kollegen sowie Partnerinnen und Partner mit der Welle der Digitalisierung um.

Welcher Digitalisierungstyp bin ich – bin ich Taucher, Inselbewohner, Surfer oder eher der Hin- und Hergerissene. Alle repräsentieren unterschiedliche Positionierungen und geben Einblicke in die vielschichtigen Art und Weisen, wie Menschen in diesem transformierenden Arbeitskontext ihr Selbstverständnis wahrnehmen und entsprechend agieren.

Welcher Typ passt denn konkret zu mir?

Der Taucher

Taucher

Als "Taucher" in dieser digitalen Arbeitswelt fühle ich mich mitten in den technologischen Innovationen besonders wohl. Die Beherrschung des digitalen Vokabulars und die Faszination für neue Programme machen mich zu einer Expertin bzw. einem Experten in technischen Fragen. Trotzdem erkenne ich gelegentlich die Herausforderung, aus dem Rausch des Digitalen auszubrechen, und ich vermisse die Einbindung in Personal- und Organisationsfragen sowie den direkten Austausch mit meinen Kollegen.

Der Inselbewohner

Inselbewohner

Als "Inselbewohner" fühle ich mich inmitten der Digitalisierung überfordert und ziehe weiterhin die traditionellen Arbeitsmuster vor. Wegen meiner Vorbehalte gegenüber neuer Technologie gestalte ich meinen Arbeitsplatz als technologiefreies Refugium und empfinde die digitale Arbeitswelt als Verarmung sinnlicher Erfahrung. Obwohl ich mich bemühe, dem Digitalen zu entgehen, gerate ich oft in Konflikt mit den Technologien. Dies beeinträchtigt mein Selbstbild als Leistungsträger und führt zu Abhängigkeiten von technologisch versierten Kollegen.

Der Surfer

Surfer

Als "Surfer" in meiner beruflichen Praxis definiere ich mein Berufsbild klar und strebe an, es trotz der Veränderungen durch die Digitalisierung zu bewahren. Ich schätze die neuen Technologien und integriere sie bewusst in meine Arbeit, sehe aber auch die Herausforderungen und die Gefahr des Verlusts von Sinnhaftigkeit und Persönlichem in der digitalen Welt. Mein Ziel ist es, den Ausgleich zwischen dem Analogen und dem Digitalen zu finden, indem ich effiziente Methoden nutze und stets bemüht bin, beiden Seiten das Beste abzugewinnen. Dies erfordert einen fortwährenden, komplexen Auseinandersetzungsprozess mit meiner Arbeit und mir selbst, da ich mich offen für die analoge Welt halten, aber gleichzeitig den Anforderungen der digitalen Welt gerecht werden möchte. Das Wellenreiten in diesem Bereich ist anspruchsvoll und kann zu erhöhtem Druck führen.

Der Hin- und Hergerissene

Hin- und Hergerissener

Als "Hin- und Hergerissener" stehe ich zwischen der analogen und digitalen Welt, ohne eine sichere Balance zu finden. Mein Alltag ist von Zerrissenheit geprägt, in dem ich zwischen morgendlicher Kaffeerunde und dem Druck von E-Mails und Anrufen hin- und hergerissen werde. Diese Unentschlossenheit spiegelt sich auch in meinem Selbstbild wider, da ich zwischen verschiedenen Selbstzuschreibungen schwanke und mich schwer auf meine Rolle festlegen kann. Diese Unsicherheit versuche ich zu kaschieren, indem ich flexibel und anpassungsfähig erscheine, aber letztlich fehlt mir eine klare Positionierung in einem digitalisierten Arbeitskontext. Ich suche ständig nach Abhilfe und hoffe auf Kontakte, Informationen und Ratschläge, um meine Unsicherheit zu bewältigen.


Die Erkenntnis, wo ich selbst stehe und wo meine Kolleginnen und Kollegen in der digitalen Transformation stehen, ist entscheidend, um die Vielfalt der Mitarbeitenden und Partner im sich digitalisierenden Ingenieurbüro optimal zu nutzen. Dieses Bewusstsein ermöglicht die Einführung gezielter Schulungen für weniger technikaffine Mitarbeiter und die Schaffung von Netzwerkmöglichkeiten sowie interdisziplinären Teams. Ziel ist es, einen ausgewogenen Einsatz von analogen und digitalen Methoden zu fördern und Best Practices auszutauschen. Die Hervorhebung der Vielfalt betont, dass die persönliche digitale Kompetenzentwicklung keinen einheitlichen Maßstab besitzt. Vielmehr hilft es, individuelle Stärken zu erkennen und gezielt auf die unterschiedlichen Bedürfnisse einzugehen, was eine flexible und maßgeschneiderte Herangehensweise an die digitale Weiterbildung ermöglicht.

Wir stellen fest, dass der Mensch in der digitalen Transformation einer der größten, wenn nicht sogar der größte Erfolgsfaktor ist. Prozesse und organisatorische Anpassungen sowie Tools sind weitere elementare Aspekte. Der Weg zum digitalen Ingenieurbüro erfordert zudem einen strategischen Plan, technische Voraussetzungen und vor allem die Integration der Belegschaft und deren Begeisterung für den digitalen Wandel. Maßgeschneiderte Unterstützung spielt eine entscheidende Rolle, indem sie Ingenieurinnen und Ingenieure nicht nur mit den technologischen Aspekten der Digitalisierung vertraut macht, sondern auch alle anderen Aspekte zielgerichtet betrachtet.

Zusätzlich zur strategischen Betrachtung ist es wichtig, leichtgewichtige Lösungsansätze aktiv auszuprobieren und experimentell zu erkunden. Ein solider Ausgangspunkt für die ersten Schritte könnte beispielsweise die Nutzung von ChatGPT, YouTube oder Fortbildungsangebote der Akademie sein. Die Mitarbeiterintegration sollte stets im Fokus bleiben und je nach Digitalisierungstyp gibt eine Vielzahl passender Fortbildungsangebote. Zur Wahrheit gehört jedoch, dass die Veränderungen auch finanziell unterstützt werden müssen. Ob für digitale Tools, Menschen als Unterstützter oder Schulungen gibt es eine Vielzahl von Förderinstrumenten, die Ingenieurbüros auf dem Weg unterstützen können.

Die Digitalisierung im Ingenieurbüro ist nicht nur technologischer Fortschritt, sondern ein umfassender Wandel der Arbeitsweise von Menschen. Mit begleitenden Seminaren bietet die Ingenieurakademie-West Ingenieurinnen und Ingenieuren die Möglichkeit, diesen Wandel aktiv mitzugestalten und ihre Büros fit für die Zukunft zu machen. Es ist an der Zeit, die Potenziale der Digitalisierung zu nutzen und die Ingenieurbüros für kommende Herausforderungen zu rüsten.

Der Autor, Dr.-Ing. Christopher Pohle, ist Chief Digital Officer der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen, Gelsenkirchen

Die Ingenieurakademie West bietet zu den Themen des Beitrages u. a. folgende Seminare an:

Das digitale Ingenieurbüro – hybrid – 20.02.2024

Einführung in Künstliche Intelligenz für Ingenieure – hybrid – 19.03.2024