15.04.2024
„Intelligent bauen mit knappen Ressourcen - den Einsatz von Material, Personal und Zeit nachhaltig digital optimieren“ – so lautete das Thema eines Werkstattgespräches, zu dem die CDU-Landtagsfraktion am 9. April geladen hatte. Mit dabei, Sarah Kosmann, neugewähltes Vorstandsmitglied der IK-Bau NRW. Sie plädierte in ihrem Redebeitrag für verbindliche Standards und einen klaren Ordnungsrahmen. Diese würden mittelständischen Planungsbüros helfen, sich den Herausforderungen der Digitalisierung und des nachhaltigen Planens und Bauens zu stellen. Digitale Prozesse spielten für kleine Ingenieurbüros derzeit noch kaum eine Rolle. Erst wenn die Rahmenbedingen richtig gesetzt wären und man sich auf verbindliche Standards verlassen könne, würden kleinere Büros diesen Schritt gehen. Die Wissenschaft vermöge Dinge auszuprobieren, ein Ingenieurbüro aber könne gleiches im Berufsalltag nicht leisten. Die Qualifikation und Ausbildung als Planerinnen und Planer befähige Ingenieurinnen und Ingenieure zwar eine innovative Kraft zu sein, die die Digitalisierung vorantreibe. Derzeit befinde man sich jedoch in einem Spannungsfeld von Überregulierung auf der einen und offenen, auslegungsbedürftigen Normen auf der anderen Seite. Dabei könne die Digitalisierung kleinen Büros helfen, durch automatisierte Prozesse repetitive Arbeit zu übernehmen.
Neben Sarah Kosmann begrüßten der stellvertretende Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Fabian Schrumpf und der Sprecher für Bauen und Wohnen der CDU-Landtagsfraktion, Jochen Ritter, den Repräsentanten der Madaster Foundation, Gerhard Feldmeyer; Prof. Dr. Markus König, von der Ruhr-Universität Bochum; die Hauptgeschäftsführerin des Bauindustrieverbandes Nordrhein-Westfalen, Prof. Beate Wiemann und Gabriele Willems, Geschäftsführerin des Bau- und Liegenschaftsbetrieb Nordrhein-Westfalen.
Im ersten Impuls des Abend lenkte dann die Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen, Ina Scharrenbach, den Blick auf den Lebenszyklus eines Gebäudes von der Errichtung bis zur Wiederverwertung. Ein Gebäude sei letztlich nichts anders als ein großes Rohstoffwarenlager, das man nutzen können und künftig nutzen müsse, so die Ministerin. Deshalb verdiene der CO₂-Fußabdruck der einzelnen verbauten Materialien besondere Aufmerksamkeit. Es sei das eine, die Kreislaufwirtschaft als politisches Postulat vorzutragen, andererseits kämen immer wieder neue Regeln auf den Markt, die die Kreislaufwirtschaft verhinderten. Ein Ziel sei der Einsatz von Recyclingbeton (RC-Beton) auch im Hochbau, und zwar prozentual unbegrenzt, sofern das Material die Anforderungen der Statik und des Brandschutzes erfülle. Zudem solle der Gebäuderessourcenpass in zehn Pilotprojekten ausprobiert werden.
Gerhard Feldmeyer, Repräsentant der Madaster Foundation, knüpfte an die Ausführungen der Ministerin an und entwickelte für das Auditorium die verschiedenen Facetten des Themas Kreislaufwirtschaft. Unsere Städte, unsere gesamte Infrastruktur und unsere gesamte gebaute Umwelt seien ein gewaltiges Rohstofflager. Das Problem sei, diese Rohstoffe wären kaum verzeichnet. Gerade der Bestand stelle uns vor gewaltige Aufgaben. Madaster biete hier Werkzeuge, Materialien und Produkte in einem Gebäude zu registrieren. Nur ein in einem Gebäudepass verzeichneter Baustoff lasse sich sinnvoll wieder in den Kreislauf einbringen, was Ressourcen schone und CO₂-Emissionen vermeide.
Prof. Dr.-Ing. Markus König, Inhaber des Lehrstuhls für Informatik im Bauwesen an der Ruhr-Universität Bochum (RUB), stellte ein Forschungsprojekt vor, das die RUB in Kooperation mit der Stadt Bochum und der Vonovia vorantreibe und das sich mit digitalen Lösungen für die Bauantragsprüfung beschäftige. Die Vision sei eine BIM-basierte Baugenehmigung, die es ermögliche, viele Variablen automatisch zu messen und zu prüfen. Natürlich böte ein entsprechender digitaler Prozess auch die Möglichkeit einer Vorprüfung für die Entwurfsverfasser. Dabei sei völlig klar, dass der Mensch weiter gebraucht werde. Es gebe immer Sonderfälle, die nur ein Mensch bearbeiten könne. Der Mensch gewinne somit Zeit für die Lösung kniffliger Problem, wenn die Maschine ihm die Bearbeitung der standardisierten Fälle abnehme. Voraussetzung sei allerdings eine digitale Bauordnung, d. h. eine Bauordnung, die ein Computer lesen könne. Jedoch unterscheide der Computer nur zwischen Nullen und Einsen, zwischen Richtig und Falsch. Normen, die offen formuliert seien und der Auslegung bedürften, seien für den Computer nicht interpretierbar. Daraus ergäben sich besondere Herausforderungen für die künftige Regelsetzung: Text- und digitale Fassungen einer künftigen Bauordnung müssten kongruent sein; der Digitalisierungsexperte bei der Formulierung der Norm entsprechend zurate gezogen werden. Software müsse zertifiziert werden. Bei all diesen Fragen sei NRW mit Unterstützung der Landesregierung Vorreiter und man wolle zusehen, dass man diese Themen entsprechend weiter voranbringe.
Das Thema Kreislaufwirtschaft mit besonderem Blick auf Recyclingbeton beleuchtete Prof. Beate Wiemann, Hauptgeschäftsführerin des Bauindustrieverbandes Nordrhein-Westfalen. Aus ihrer Sicht gebe es für eine stärkere Nutzung von RC-Betonen noch einige Hemmnisse. Ein großes Problem sei, dass auch RC-Beton oftmals als Abfall deklariert und damit dem Kreislauf entzogen werde. Ein weiteres Problem sei, dass 80 Prozent der vorhandenen RC-Betone in den Straßenbau gingen und dort bei anderer Verwendung fehlen würden. Auch führe die Entwicklung zu weniger Abbrüchen von Gebäuden, da man die graue Energie ja gerade erhalten wolle. Entsprechend weniger RC-Beton stände tendenziell zur Verfügung.
Für den BLB spielten RC-Betone nur eine untergeordnete Rolle. Diesen in Ausschreibungen zu fordern, sei rechtlich gar nicht ohne weiteres möglich. Viel mehr konzentriere man sich darauf, grundsätzlich CO₂-reduzierte Baustoffe zu fordern, so Gabriele Willems, Geschäftsführerin des Bau- und Liegenschaftsbetrieb Nordrhein-Westfalen. Es gebe andere Möglichkeiten, etwa die Querschnitte durch eine Holzhybridbauweise zu reduzieren, oder Konstruktionen zu wählen, die weniger Beton verbrauchten, indem man beispielsweise mit Hohlkörpern arbeite. Beim Bestand habe sich die Zusammenarbeit mit der Bauteilbörse Concular [Link Interview Concular] bewährt. So gelinge es, Bauteile und Baustoffe wieder in den Kreislauf einzubringen.