25.11.2024
Am 19. November 2024 fanden die IngenieurImpulse der IK-Bau NRW im futuristischen ALTO-Gebäude im Düsseldorfer Medienhafen statt. Die ausgebuchte Veranstaltung versammelte zahlreiche Ingenieurinnen und Ingenieure aus NRW, die sich für die Auswirkungen der Digitalisierung und der Künstlichen Intelligenz (KI) auf das Planen und Bauen interessierten.
Nach einer Führung durch das innovative Gebäude eröffnete Dr.-Ing. Andreas Rose, Vizepräsident der IK-Bau NRW, die Veranstaltung mit einem Grußwort und einer thematischen Einführung. Er betonte die Bedeutung, traditionelles Ingenieurwissen mit digitaler Innovation zu verbinden und ermutigte die Anwesenden, eine aktive Rolle in der Transformation des Bauwesens einzunehmen.
Die Moderation übernahm Ralph Erdenberger, bekannt vor allem als Moderator und Autor im Hörfunkprogramm von WDR 5. Um den Einstieg ins Thema aufzulockern, überraschte Erdenberger die Gäste mit einem von einer spezialisierten KI komponierten Song zum Thema der IngenieurImpulse. Was dabei die Stimmung und den Puls sofort steigen ließ, führte im Verlauf der Diskussion zu einer ernsten Frage: Lässt sich Kreativität durch echte KI ersetzen und funktioniert dies auch bereits im Bereich des Planens und Bauens?
Prof. Dr.-Ing. Markus König, Lehrstuhlinhaber für Informatik im Bauwesen an der Ruhr-Universität Bochum, betonte, es sei gar nicht so einfach künstliche Intelligenz zu definieren. Man nähere sich der KI, wenn der Computer den Menschen nachahme und menschliche Aufgaben übernehme. Es gebe den berühmten Turing-Test. Dabei wolle man herausfinden, ob der Anwender wisse, ob er mit einem Computer agiere oder mit einem realen Menschen. Merke man den Unterschied nicht mehr, sei man nah dran an der künstlichen Intelligenz. Für König stehe zunächst im Vordergrund, Informationen besser zu managen, Daten effizient zu nutzen und Redundanzen zu vermeiden. König problematisierte dabei die Trennung von Planen und Bauen und plädierte dafür, Prozesse aus einer Hand zu gestalten. Er wies darauf hin, dass KI-Systeme mächtig seien, aber oft noch als Blackbox agierten und auf Wahrscheinlichkeiten basierten. Daher sei es essenziell genau zu wissen, welche Daten trainiert würden.
Prof. Dr. Sigrid Brell-Cokcan, Leiterin des Lehrstuhls für Individualisierte Bauproduktion an der RWTH Aachen, berichtete, dass nach ihrer Erfahrung alle Studierenden KI nutzten und man diese Technologie auch als virtuellen Prüfer in der Prüfungsvorbereitung einsetzen könne, etwa indem man ChatGPT diese Rolle zuweise. Im Hinblick auf BIM betonte sie die Wichtigkeit der Datenverknüpfung. Ihr Ziel sei es, Prozesse so zu optimieren, dass beispielsweise Wände nicht mehr geplant werden müssten und zum Beispiel Daten automatisch aus Lieferscheinen in einen Pool übernommen würden. Brell-Cokcan riet zu einem pragmatischen Ansatz, insbesondere für kleine Büros, die ihre Stärken kennen und praktische Hilfen benötigen. Sie betonte, dass die Bauingenieurin bzw. der Bauingenieur zum „Gatekeeper für verlässliche Informationen“ werden müsse. Das bedeute, dass die Ingenieurinnen und Ingenieure künftig eher noch besser ausgebildet sein müssten, denn ihnen falle die Aufgabe zu, die Ergebnisse der künstlichen Intelligenz einer Plausibilitätsprüfung zu unterziehen. Darüber hinaus ermutigte sie selbständige Ingenieurinnen und Ingenieure dazu, junge Talente in ihre Büros zu holen und diversere und heterogenere Teams zu bilden: die Älteren profitierten vom leichteren Zugang der Jüngeren zur digitalen Welt, die Jüngeren profitierten vom Erfahrungswissen der Älteren.
Dr. Lisa Theresa Lenz, Co-Founder und CEO bei BIC sowie aktiv bei BIM-GLW, schilderte ihren Werdegang vom Interesse an der Architektur hin zum Bauingenieurwesen. Sie hob hervor, dass junge Forschende in Deutschland gut aufgestellt seien, das Land insgesamt jedoch im Mittelfeld liege und auf der Baustelle oft noch Nachholbedarf bestehe. Lenz sieht großes Potenzial in der Anwendung von KI für die Variantenbildung und Optimierungen, besonders im Hinblick auf die Nachhaltigkeit von Bauwerken. Ihrer Einschätzung nach könnten in fünf Jahren Statikvarianten mithilfe von KI viel schneller ausgegeben werden als bei Wettbewerbern ohne diese Technologie.
In der lebhaften und teilweise kontrovers geführten Debatte bezog Moderator Ralph Erdenberger auch das Publikum aktiv ein: Viele Teilnehmende gestanden, bislang wenig Berührungspunkte mit KI im beruflichen Kontext gehabt zu haben und äußerten den Wunsch nach einer fundierten Einführung in das Thema – eine Erwartung, die an diesem Nachmittag sicherlich erfüllt wurde.
Die Veranstaltung vermittelte eine klare Idee davon, wie die Digitalisierung und KI das Bauwesen nachhaltig verändern könnten. Es wurde klar, dass Offenheit für neue Technologien und die Bereitschaft, vertraute Arbeitsweisen zu hinterfragen, entscheidend sind, um die Chancen der digitalen Transformation zu nutzen und das Beste aus Tradition und Innovation zu vereinen.