10.06.2025

Brandschutz-Tagung 2025: Vertrauen, Verantwortung und Dialog

Brandschutz-Tagung 2025: Vertrauen, Verantwortung und Dialog

Mit über 600 Teilnehmerinnen und Teilnehmern war die Brandschutz-Tagung der Ingenieurakademie West am 3. Juni 2025 erneut ein zentraler Treffpunkt für Fachleute aus Bauaufsicht, Planung, Ausführung und Feuerwehren. Die Veranstaltung im Congress Center Düsseldorf präsentierte sich mit einem vielseitigen Programm, das aktuelle Entwicklungen des baulichen Brandschutzes und die einschlägigen gesetzlichen Grundlagen ebenso aufgriff wie berufspolitische Fragen. Fachlich verantwortet wurde die Tagung von Dipl.-Ing. (FH) Udo Kirchner, Vorstandsmitglied der Ingenieurkammer-Bau NRW.

Traditionell setzt ein übergreifendes Thema den Rahmen der Tagung. In diesem Jahr gaben die Zitate und Aphorismen des römischen Philosophen Seneca den Ton vor. Sein Credo „Lang ist der Weg durch Lehren, kurz und wirksam durch Beispiel“ zierte die Tagungsunterlagen ebenso wie es die Motive des Tages vorwegnahm: Bürokratieabbau, Eigenverantwortung und der Mut zur Veränderung.

Diskutiert wurde u. a. die Frage, wie sich baurechtliche Vorgaben vereinfachen lassen, ohne die Sicherheit zu gefährden. Dass Sicherheit nicht verhandelbar sei, ist eine der unverrückbaren Positionen des Präsidenten der Ingenieurkammer-Bau NRW, Dr.-Ing. Heinrich Bökamp. In diesem Kontext unterstrich er in seinem Video-Grußwort die Bedeutung vertrauensvoller Strukturen im Bauwesen. Der Staat müsse bereit sein, Verantwortung zu delegieren – und dürfe Kontrolle nicht mit Misstrauen verwechseln. Die Kammermitglieder seien bereit, Verantwortung zu übernehmen: mit Sachverstand, Berufsethik und Augenmaß.

Im Anschluss stellte Ina Scharrenbach, Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes NRW, erste Leitlinien eines 3. Änderungsgesetzes zur Landesbauordnung vor. Geplant seien unter anderem neue Regelungen zur Erleichterung von Bestandsmaßnahmen, eine Stärkung der Rolle von Prüfingenieurinnen und -ingenieuren sowie die Einführung der Genehmigungsfiktion im Bereich des vereinfachten Baugenehmigungsverfahren. Dipl.-Ing. (FH) Udo Kirchner sagte zugleich die konstruktive Unterstützung der IK-Bau NRW zu, der Beifall der Teilnehmerin und Teilnehmer bekräftigen diese Zusage.

Einen konkreten Anwendungsfall beleuchtete BD Dipl.-Ing. Dietmar Grabinger, Sprecher der AGBF und des VdF NRW, anhand eines Brandereignisses auf dem Dach eines Schulzentrums in Erkrath. Der Auslöser: ein Kurzschluss in der dort installierten Photovoltaikanlage. Grabinger forderte eine klarere Kennzeichnung, praxisgerechte Installationsvorgaben und mehr technische Reflexion in der Bauplanung. Mit der Neufassung der Richtlinien für Pflege- und Betreuungseinrichtungen sowie Krankenhäuser beschäftigte sich RD Dr.-Ing. Michael Schleich vom Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung NRW. Die Entwürfe sehen differenzierte Regelungen für Rettungswege, Raumgruppen und die technische Gebäudeausrüstung vor. Ziel ist es, den besonderen Anforderungen großer Sonderbauten Rechnung zu tragen. Die europarechtliche Dimension des Brandschutzes nahm Dipl.-Ing. Johanna Bartling vom DIBt in den Blick. In ihrem Vortrag zur neuen EU-Verordnung 2024/3110 erklärte sie, wie sich CE-Kennzeichnung, Marktüberwachung und Umweltanforderungen für Bauprodukte verändern werden. Einen Blick über die Grenze warf Hannes Häuselmann aus dem Kanton Schaffhausen. Er berichtete über das Schweizer Vorgehen bei PV-Fassaden. Dr. Michael Buser, Leiter Risk Engineering bei der SÜDVERS GmbH in Bergisch Gladbach, analysierte das Brandrisiko moderner Energiespeicher. Lithium-Ionen-Batterien, so Buser, erforderten besondere Schutzkonzepte und eine enge Abstimmung mit Versicherern und Planenden.

Einblicke in neue Lernformate gab nach der Mittagspause Tobias Berger B.Sc. von der Ingenieurakademie West. Er stellte ein digitales Modul zu den Grundlagen des Brandschutzes vor, das künftig Bestandteil des E-Learning-Angebots der Akademie sein wird. Mit einem Erfahrungsbericht zur Umsetzung der Muster-Holzbau-Richtlinie wartete Dipl.-Ing. Gero Droste von der Berufsfeuerwehr Dortmund auf. Die neuen Vorgaben haben laut Droste bereits in zahlreichen Projekten für mehr Klarheit und Sicherheit gesorgt. Verfahrensfragen standen im Fokus des Beitrags von Dipl.-Ing. (FH) Johannes Bröhl aus dem MHKBD NRW. Er informierte über neue Wege zur Zustimmung im Einzelfall (ZiE) sowie zur vorhabenbezogenen Bauartgenehmigung (vBg). Anschließend stellte Dr.-Ing. Manuel Kitzlinger (Halfkann + Kirchner, Stuttgart) ein Praxisbeispiel zur Brandschutzprüfung mithilfe von BIM-Modellen vor. Der Vortrag zeigte sowohl Potenziale als auch methodische Grenzen digitaler Planungsmodelle.

Den Schlusspunkt setzte Dipl.-Ing. (FH) Udo Kirchner mit einem Beitrag zu den Ergebnissen des von Ministerin Scharrenbach eingesetzten Innovationsausschusses zur Auswertung der Ergebnisse der Regierungsinitiative “Bürokratie am Bau – Ciao", der unter seiner Leitung tagt. Dabei stellte er einen Beispielkatalog typischer Abweichungsfälle vor, die sich anhand der Eingaben zur Landesinitiative ableiten ließen. Ziel sei es, hierüber zu einer transparenten Vereinfachung zu kommen, die Orientierung bietet, ohne die Verantwortung aus der Hand zu geben. Einfach heiße nicht beliebig, so Kirchner, es bedeute: nachvollziehbar, transparent und fachlich fundiert.“

Die Brandschutz-Tagung 2025 machte deutlich: Wo technische Anforderungen auf regulatorische Realitäten treffen, braucht es Dialog, Differenzierung und Augenhöhe zwischen den am Bau beteiligten Partnern. Die Veranstaltung zeigte, dass der bauliche Brandschutz sich nicht als Beharrungskraft versteht, sondern als ein Feld, in dem kontinuierlich weitergedacht wird.