10.11.2025

Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit. Sie lebt von Menschen, die bereit sind, Verantwortung zu übernehmen – für andere und für das Gemeinwesen. In der Ingenieurkammer-Bau NRW zeigt sich diese Haltung in gelebter Form: Bei der Vertreterversammlung beraten die gewählten Vertreterinnen und Vertreter des Berufsstandes über die zentralen Fragen der Kammerarbeit – über Satzungen, den Wirtschaftsplan und die Richtung, in die sich die Kammer entwickelt.
Konstruktive Zusammenarbeit mit dem Ministerium
Zu Beginn der diesjährigen Versammlung begrüßte Ministerialdirigentin Diane Essert die Teilnehmenden und gab einen Überblick über die Arbeit des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung. Sie hob die Fortschritte bei der Digitalisierung der Bauverwaltung hervor und betonte die enge, konstruktive Zusammenarbeit mit der Ingenieurkammer-Bau NRW bei Gesetzgebungsprozessen und im fachlichen Austausch rund um Planen und Bauen in Nordrhein-Westfalen.
Vertrauen und Berufsrechtsvorbehalt im Mittelpunkt
Im anschließenden Bericht des Präsidenten stellte Dr. Heinrich Bökamp das Vertrauen in die Fachkompetenz der Ingenieurinnen und Ingenieure ins Zentrum seiner Rede. Sicherheit im Bauen, so Bökamp, sei kein Luxus, sondern die Folge von Verantwortung und Qualifikation – und diese müsse rechtlich wie gesellschaftlich sichtbarer werden. Ein Berufsrechtsvorbehalt für Ingenieurinnen und Ingenieure könne, so seine Überzeugung, das Vertrauen in den Berufsstand stärken und zugleich die Qualität sichern. Er warnte davor, Verantwortung zunehmend in Kontrolle und Verfahren auszulagern: Vertrauen bedeute nicht Nachsicht, sondern die Anerkennung fachlicher Kompetenz.
Partnerin der Politik – gestaltend statt beobachtend
Bökamp verwies zudem auf die enge Partnerschaft zwischen Kammer und Politik. Allein im vergangenen Jahr brachte sich die Ingenieurkammer-Bau NRW in rund 25 Gesetzgebungsverfahren ein – von der Novelle der Landesbauordnung über das Baukammergesetz bis zu Fragen der Digitalisierung. Die Kammer, so Bökamp, sei keine Zuschauerin, sondern eine gestaltende Partnerin bei der Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen des Bauwesens.
Stärkung des Mittelstands durch faire Vergaben
Ein weiterer Schwerpunkt seiner Rede galt dem mittelständisch geprägten Ingenieurwesen. Komplexe Vergabestrukturen dürften nicht dazu führen, dass kleine und mittlere Büros verdrängt werden. Die Kammer setze sich deshalb weiterhin für losweise Vergaben ein, wo sie fachlich sinnvoll sind – im Interesse von Qualität, Wettbewerb und Vielfalt.
EasyCode als Beispiel für Entbürokratisierung
Als Beispiel für wirksame Entbürokratisierung nannte der Präsident das Projekt EasyCode, das bundesweit Beachtung finde. Es zeige, dass Vereinfachung aus der Praxis heraus gelingen könne – mit klareren Strukturen, weniger Aufwand und mehr Sicherheit.
Nachwuchs, Nachhaltigkeit und Chancengleichheit
Neben der Digitalisierung prägen die Themen Nachwuchsförderung, Nachhaltigkeit und Chancengleichheit die Arbeit der Kammer. Mit Initiativen an Schulen, Hochschulen und Universitäten stärkt die Kammer die Verbindung zu den Fachkräften von morgen.
Strukturelle Reform des Versorgungswerks
Einen besonderen organisatorischen Schritt beschloss die Vertreterversammlung zudem mit Blick auf das Versorgungswerk: Einstimmig wurde eine strukturelle Neuordnung verabschiedet, die künftig eine eigene Vertreterversammlung als oberstes Beschlussorgan vorsieht. Darin werden auch Delegierte der angeschlossenen Kammern – darunter die Architektenkammern Nordrhein-Westfalen, Hessen, Saarland und Bremen sowie die Ingenieurkammer-Bau NRW – Sitz und Stimme haben. Für die Versicherten bleiben die bestehenden Leistungen unverändert, die neuen Strukturen stärken jedoch die gemeinsame Verantwortung und Transparenz innerhalb des Versorgungswerks.
Zukunft des Berufsstands: Haltung im digitalen Wandel
Bökamp richtete den Blick schließlich auf die Zukunft des Berufsstandes. Die rasante Entwicklung der künstlichen Intelligenz sei kein Randthema, sondern eine Grundsatzfrage für alle planenden und bauenden Berufe. KI sei längst kein Werkzeug mehr, sondern ein Akteur – und Ingenieurinnen und Ingenieure müssten sich aktiv an ihrer Gestaltung beteiligen. Haltung, Urteilskraft und Verantwortungsbewusstsein seien dafür die entscheidenden Voraussetzungen.
Berichte der Ausschüsse und der Akademie
Im Anschluss an den Präsidentenbericht folgten die Berichte der Ausschüsse. Der Ausschuss Planen und Bauen befasste sich mit aktuellen Änderungen der Landesbauordnung, der Ausschuss Öffentlichkeitsarbeit stellte die strategische Weiterentwicklung der Kammerkommunikation vor, und der Ausschuss Nachhaltigkeit berichtete über Ansätze zur Vereinfachung gesetzlicher Regelungen. Der Arbeitskreis Chancengleichheit präsentierte neue Initiativen zur Förderung von Diversität. Auch die Ingenieurakademie West zog Bilanz und unterstrich ihre Rolle als qualitätssichernde Bildungseinrichtung des Berufsstandes.
Selbstverwaltung als Ausdruck von Vertrauen
Die Vertreterversammlung 2025 machte deutlich, was die Ingenieurkammer-Bau NRW auszeichnet: eine lebendige, verantwortungsbewusste Selbstverwaltung, die auf Vertrauen gründet – in die Kompetenz, die Haltung und die Integrität ihrer Mitglieder. Oder, wie Dr. Heinrich Bökamp es formulierte: „Eigenverantwortung ist kein Risiko, sondern der Ursprung von Qualität.“


