25.10.2022

Abmahnungen wegen „Google Fonts“ erreichen auch Ingenieurbüros

Kammermitglieder berichten, dass sie Schreiben von Anwaltskanzleien erhalten haben, in denen sie wegen der Verwendung von Google Fonts unter Hinweis auf Persönlichkeitsrechtsverletzungen und Datenschutz abgemahnt werden.




Zudem wird die Zahlung eines Betrags von bis zu 170 Euro unter Fristsetzung gefordert. Kammermitglieder fragen hierzu nach, worin genau überhaupt ein möglicher Verstoß bestehen kann und wie sie sich verhalten sollen.

Bei der Gestaltung von Internetseiten werden häufig Schriftarten (engl.: fonts) aus frei verfügbaren Bibliotheken verwendet, die z.B. durch das Unternehmen Google (aber auch Dienste wie Adobe Fonts oder myFonts; gleiches gilt für Javascript- und Designvorlagen-Datenbanken) kostenfrei bereitgestellt werden. Für die Verwendung dieser Schriftarten bestehen technisch zwei Möglichkeiten: Rechtlich einwandfrei ist die lokale Verwendung, bei der die gewünschte Schriftart auf den Server heruntergeladen und beim Besuch der Internetseite von dort aus verwendet wird. Ebenfalls möglich ist jedoch auch die Verwendung in einer sogenannten Remote-Variante: Dabei werden die Schriftarten für die Verwendung nicht heruntergeladen, sondern direkt von den Google-Unternehmens-Servern verwendet. Vorteil dieser Variante ist, dass etwaige Änderungen in den Schriftarten unmittelbar auch für die Internetseite aktualisiert werden.

Für die Remote-Variante werden jedoch beim Besuch der Internetseite personenbezogene Daten des Besuchers (einschließlich seiner jeweiligen IP-Adresse) an das Unternehmen Google übermittelt, ohne dass der Besucher hierauf Einfluss nehmen kann. Das Landgericht München I hattein einem Urteil aus Januar 2022 hierzu entschieden, dass die Übermittlung an Google einen Verstoß gegen die Rechte des Internetseiten-Besuchers darstellt und den Betreiber zur Unterlassung der Weitergabe an Google sowie Zahlung von 100 Euro an den Besucher verurteilt. Im konkreten Fall hatte der Kläger nachweislich wiederholt die Internetseite des beklagten Unternehmens besucht und dieses hatte seine Daten ohne Einverständnis an Google übermittelt.

Im Anschluss an das Urteil ist eine Vielzahl von Abmahnungen durch im Wesentlichen zwei Anwaltskanzleien zu beobachten. Dies betrifft über den Kreis der Ingenieurinnen und Ingenieure hinaus eine Vielzahl von Personen und Unternehmen. Es ist davon auszugehen, dass es sich um eine sogenannte Abmahnwelle handelt, wie diese bereits zum Thema Impressumspflicht und Inkrafttreten der DSG-VO aus der Vergangenheit bekannt ist. Daher sind folgende Schritte unbedingt angeraten:

Auch wenn Sie bisher kein Schreiben erhalten haben, sollten Sie oder Ihr IT-Dienstleister unverzüglich prüfen, ob Ihre Internetseite Schriftarten aus den beschriebenen Datenbanken (nicht nur Google Fonts !) verwendet und wenn ja, ob diese lokal oder remote eingebunden sind. Sofern die Remote-Variante verwendet wird, dies unverzüglich auf die lokale Variante umstellen, was technisch keine Auswirkungen auf die Internetseite, deren Inhalt und Besuchbarkeit hat. Hierbei ist zu beachten, ob der Anbieter die jeweiligen Inhalt auch für eine lokale Nutzung zur Verfügung stellt.

Wenn Sie abgemahnt wurden, sollten Sie die Zahlung freundlich aber in der Sache bestimmt ablehnen und die Vorlage einer Vollmacht der Mandanten verlangen, die der Anwalt vertritt. Das Schreiben sollte per Einschreiben verschickt werden, um den Zugang beweisen zu können. Erfahrungen zeigen, dass auf derartige Schreiben häufig schon keine Antwort mehr erfolgt und der Zahlungsanspruch nicht mehr geltend gemacht wird.
Darüber hinaus können Kammermitglieder zum Zwecke der Unterstützung im Einzelfall die rechtliche Erstberatung der Kammer in Anspruch nehmen und sich hierzu kostenfrei an die externen Rechtsberater wenden.