12.09.2024

KI im Dienste des Menschen: Das Fluthelfersymposium vom 10. September 2024

KI im Dienste des Menschen: Das Fluthelfersymposium vom 10. September 2024

Die Flutkatastrophe vom Juli 2021 hat auch Nordrhein-Westfalen schwer getroffen. In nur 24 Stunden verwandelten sich Flüsse und Bäche in reißende Ströme, die alles mit sich rissen, was ihnen im Weg stand. 49 Menschen verloren in NRW ihr Leben, unzählige wurden obdachlos, und der materielle Schäden belief sich auf Milliarden. Die Ingenieurkammer-Bau NRW hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Ingenieurinnen und Ingenieuren, die damals im Katastrophengebiet im Einsatz waren und es teilweise bis heute sind, eine Stimme zu geben.

Doch wie bringt man die vielen unterschiedlichen Erfahrungen der Fluthelferinnen und Fluthelfer so zusammen, dass keine Perspektive verloren geht? Die Kammer war entschlossen, diesem wichtigen Thema gerecht zu werden. Die anfänglichen Zweifel, ob ein klassisches Veranstaltungsformat mit Fachvorträgen und Podiumsdiskussion zielführend wären, verfestigten sich rasch zu der Überzeugung, dass man einen anderen, neuen Weg finden müsse, um zum Ziel zu gelangen; und dieses Ziel lautete erklärtermaßen: die Perspektiven derjenigen, die direkt im Einsatz waren, sichtbar und hörbar zu machen.

Ein neuer Ansatz für das Veranstaltungsformat musste also her. Es galt, die gesammelten Erfahrungen der Fluthelferinnen und Fluthelfer zu strukturieren, zu analysieren und ihnen Raum zur Reflexion zu geben. Damit keine Stimme, ob laut oder leise, ungehört blieb, entwickelte die IK-Bau NRW zusammen mit dem erfahrenen Moderator Rolf Schneidereit ein Konzept, das auf künstliche Intelligenz (KI) setzt. Über viele Beratungsstunden hinweg entstand ein Format, das es ermöglichte, die Erfahrungsberichte der Teilnehmer systematisch aufzubereiten und zu gewichten. Rolf Schneidereit spielte dabei eine zentrale Rolle, indem er die KI mit sorgsam entwickelten Prompts vorbereitete.

Am 10. September 2024 war es dann soweit: Rund 60 Fluthelferinnen und Fluthelfer versammelten sich im MEDIO.RHEIN.ERFT in Bergheim. Und zunächst brach der Tag mit vielen Erwartungen und Gewohnheiten. Statt Fachvorträgen zu folgen, galt es für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer selbst aktiv zu werden. In Kleingruppen zu je vier Personen führten sie Interviews mit verteilten Rollen und gaben ihre Erkenntnisse über ein digitales Tool in eine Datenbank ein. Anfängliche Zurückhaltung und Unsicherheit im Umgang mit dem neuen Format wich dabei schnell sichtbarer Zuversicht: Zur Hälfte des Tages hatten die Teilnehmer bereits über 500 Beiträge über die App eingereicht, am Ende waren es insgesamt 1.200 – eine beeindruckende Sammlung persönlicher Erfahrungen.

Die gesammelten Daten bildeten schließlich die Grundlage für die Arbeit der KI. Sie analysierte und strukturierte die Ergebnisse der Gespräche und fügte sie zum Ende des Tages in ein vorläufiges Abschlussdokument: 27 Seiten strukturierter und gewichteter Erkenntnisse, die die vielfältigen Erfahrungen der Fluthelfer zusammenführen. Noch auf dem Heimweg, fanden die Teilnehmer das Dokument in ihrem E-Mail-Postfach. Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben nun eine Woche Zeit, um Korrekturen, Anmerkungen und Kommentare einzubringen, bevor das finale Dokument redaktionell abgeschlossen wird. Es wird dann in die berufspolitische Arbeit der Kammer einfließen.

Der Erfolg des Symposiums wäre dabei ohne die enge Zusammenarbeit mit der Ingenieurkammer Sachsen nicht denkbar gewesen. Vertreten durch ihren Präsidenten Dr.-Ing. Hans-Jörg Temann und Geschäftsführer RA Nils Koschtial, brachte die sächsische Kammer wertvolle Erfahrungen aus den Flutkatastrophen von 2002 und 2013 ein. Ihre Unterstützung hat das Symposium nicht nur fachlich bereichert, sondern auch gezeigt, wie wichtig länderübergreifende Kooperationen nicht nur in solchen Krisensituationen sind. Dabei hätte es nicht der aktuellen Hinweise der Meteorologen bedurft, die vor schweren Niederschlägen in Osteuropa und damit einhergehender Hochwassergefahr auch an der sächsischen Elbe warnen, um uns allen bewusst zu machen: wir reden nicht über ein Zukunftsproblem, sondern über eine existentielle Herausforderung der unmittelbaren Gegenwart.

Das Symposium war ein Experiment, ein mutiger Schritt nach vorn – sowohl für die IK-Bau NRW als auch für die beteiligten Ingenieurinnen und Ingenieure. Es zeigt, dass innovative Ansätze und der Einsatz neuer Technologien klug eingesetzt, dem Menschen dienen können.

Eindrücke der Veranstaltung: