23.04.2025
Nachhaltigkeit, Digitalisierung, gesellschaftliche Verantwortung – die Anforderungen an Bauingenieurinnen und Bauingenieure wachsen stetig. Der ASBau setzt mit seinen neuen Rahmenrichtlinien Impulse für die Ausbildung und die Praxis. Dipl.-Ing. Christoph Heemann, Geschäftsführer der IK-Bau NRW und Leiter des Ingenieurreferats, spricht über die Rolle der Ingenieurkammern, die Bedeutung des aktualisierten Referenz- und des neuen Orientierungsrahmen und die Zukunft der Bauingenieurausbildung.
IK-Bau NRW:Herr Heemann, was ist der ASBau, und welche Ziele verfolgt der Verbund?
Christoph Heemann: Der ASBau, also der Akkreditierungsverbund für Studiengänge des Bauwesens, ist ein Zusammenschluss zentraler Akteure des Bauwesens – von Hochschulen über Ingenieurkammern bis hin zu Verbänden der Bauwirtschaft. Unser Ziel ist es, die Qualität und die fachliche Ausrichtung der Bauingenieurstudiengänge in Deutschland zu sichern. Wir haben dazu einen Referenzrahmen entwickelt, der vor Kurzem aktualisiert worden ist und der als Referenz für Hochschulen dient, um sicherzustellen, dass die Absolventinnen und Absolventen optimal auf die Anforderungen der Praxis vorbereitet sind.
IK-Bau NRW: Welche Rolle spielt der ASBau in der Qualitätssicherung der Bauingenieurstudiengänge?
Christoph Heemann: Die Hochschulen sind in der Gestaltung ihrer Studiengänge frei, doch um eine gewisse Vergleichbarkeit und Qualität sicherzustellen, gibt es Akkreditierungsverfahren. Hier kommt unser Referenzrahmen ins Spiel: Er bietet klare Leitlinien für die Inhalte und Kompetenzziele eines Bauingenieurstudiengangs auf Bachelor-Niveauebene. Für Masterstudiengänge, die sich an den Bachelorabschluss im Bauingenieurwesen anschließen, haben wir einen neuen Orientierungsrahmen entwickelt. Dieser muss – anders als der Referenzrahmen – variabler gestaltet sein, da die möglichen Anschlussstudiengänge vielfältig ausgerichtet sind. Hochschulen orientieren sich daran, wenn sie ihre Studiengänge entwickeln oder überarbeiten. Für Akkreditierungsagenturen und die für sie tätigen Fachgutachterinnen und Fachgutachter sind unsere Rahmenwerke ein wichtiges Instrument, um die Qualität und Praxisrelevanz der Studiengänge zu bewerten.
IK-Bau NRW: Sie haben kürzlich die Nachfolge von Herrn Dipl.-Ing. Univ. Michael Kordon im ASBau-Vorstand übernommen. Welche Aufgaben und Ziele haben Sie sich in dieser Rolle gesetzt?
Christoph Heemann: Ich sehe meine Aufgabe vor allem darin, die Perspektiven der Ingenieurkammern im ASBau einzubringen und die Vernetzung zwischen Hochschulen, allen für uns maßgebenden Akkreditierungsagenturen, Wirtschaft und den berufsständischen Organisationen weiter zu stärken. Zudem ist mir wichtig, die Kommunikation des ASBau zu intensivieren. Unsere Arbeit ist essenziell für die Weiterentwicklung des Bauingenieurstudiums, doch wir werden oft nur in Fachkreisen wahrgenommen. Das möchte ich ändern, indem wir transparenter darüber sprechen, was wir tun und warum es wichtig ist.
IK-Bau NRW: Ende 2024 wurde der aktualisierte Referenzrahmen für Bachelor-Studiengänge und der neue Orientierungsrahmen für Master-Studiengänge verabschiedet. Was sind die wesentlichen Änderungen im Vergleich zu früheren Versionen?
Christoph Heemann: Die neuen Rahmenwerke greifen aktuelle Entwicklungen in der Bauwirtschaft und im Ingenieurberuf auf. Besonders im Fokus stehen Themen wie Nachhaltigkeit, Ressourcenschonung, Digitalisierung und gesellschaftliche Verantwortung. Dabei bleibt es wichtig, dass der Studiengang sowohl in seiner inhaltlichen Breite als auch Tiefe die Kompetenzen vermittelt, die unsere Studienabsolventen optimal auf diesen großartigen und erfüllenden Beruf vorbereiten. Der Orientierungsrahmen für den Master hebt noch stärker hervor, dass Bauingenieure in der Lage sein müssen, komplexe Systeme zu verstehen und weiterzuentwickeln. Auch die interdisziplinäre Zusammenarbeit spielt eine größere Rolle. Hochschulen erhalten mit diesen Dokumenten eine klare Struktur, welche Kompetenzen Studierende erwerben sollten, um langfristig erfolgreich zu sein.
IK-Bau NRW:Inwiefern beeinflussen diese Neuerungen die Studiengänge und die berufliche Praxis der Absolventen?
Christoph Heemann: Die Anpassungen sollen sicherstellen, dass Absolventinnen und Absolventen nicht nur technisch hervorragend ausgebildet sind, sondern auch mit den Herausforderungen der Zukunft umgehen können. Die Themen Digitalisierung und Nachhaltigkeit sind heute integraler Bestandteil des Bauingenieurberufs – von der Planung über die Bauausführung bis hin zur Instandhaltung von Bauwerken. Durch die neuen Rahmenwerke werden Hochschulen stärker ermutigt, diese Aspekte in ihren Studienplänen zu verankern. Das wiederum sorgt dafür, dass junge Bauingenieurinnen und Bauingenieure bestens auf die Praxis vorbereitet sind.
IK-Bau NRW:Der neue Orientierungsrahmen für Masterstudiengänge betont die Bedeutung von Nachhaltigkeit, Digitalisierung und gesellschaftlicher Verantwortung. Welche Rolle spielt der ASBau bei der Förderung dieser Schwerpunkte in der akademischen Ausbildung?
Christoph Heemann: Der ASBau setzt keine Studienpläne fest, aber wir geben klare Empfehlungen, die Hochschulen als Orientierung dienen. Unsere Rahmenwerke gewährleisten, dass diese Themen als Kernbestandteile der Ausbildung wahrgenommen werden. Wir sehen es als unsere Aufgabe, Hochschulen, Akkreditierungsagenturen und die Bauwirtschaft zusammenzubringen und zu zeigen, welche Kompetenzen Bauingenieure in Zukunft brauchen. Die Hochschulen sind frei in der konkreten Umsetzung, aber durch den ASBau gibt es eine klare Richtung, welche Entwicklungen in der Ausbildung wichtig sind.
IK-Bau NRW: Wie tragen die neuen Standards dazu bei, zukünftige Herausforderungen der Bauwirtschaft wie Klimawandel, Ressourcenschonung und Urbanisierung zu bewältigen?
Christoph Heemann: Indem wir diese Themen stärker in den Fokus rücken, passen wir langfristig die Ausbildung von Bauingenieurinnen und Bauingenieuren an die neuen Herausforderungen an. Das bedeutet, dass neue Generationen von Fachkräften mit einem tieferen Verständnis für nachhaltiges Bauen, Kreislaufwirtschaft und digitale Planungsmethoden in den Beruf einsteigen. Wenn diese Themen früh verankert werden, wird sich das positiv auf die gesamte Bauwirtschaft auswirken.
IK-Bau NRW: Welche Rolle spielen digitale Methoden wie BIM und KI im aktuellen und zukünftigen Bauingenieurwesen?
Christoph Heemann: Digitale Methoden sind aus der modernen Bauplanung und -ausführung nicht mehr wegzudenken. BIM, also Building Information Modeling, ermöglicht als Methode eine effizientere Planung und gewährleistet so eine reibungslosere Ausführung von Bauprojekten. Künstliche Intelligenz wird künftig beispielsweise in der Bauüberwachung, bei der Analyse von Baustoffen oder bei der Optimierung von Bauprozessen eine große Rolle spielen. In unseren Rahmenwerken wird deshalb empfohlen, dass diese Themen in der akademischen Ausbildung eine stärkere Rolle spielen.
IK-Bau NRW: Gibt es bereits Überlegungen oder Pläne, wie der Referenzrahmen in den nächsten Jahren weiterentwickelt werden könnte?
Christoph Heemann: Wir verstehen unsere Rahmenwerke als lebendige Dokumente. Die Bauwirtschaft und die Anforderungen an Ingenieure entwickeln sich stetig weiter, und darauf müssen wir reagieren. Themen wie nachhaltige Baumaterialien, smarte Infrastrukturen oder neue digitale Methoden werden uns sicher auch in zukünftigen Überarbeitungen beschäftigen.
IK-Bau NRW: Wie wichtig ist die Zusammenarbeit zwischen Hochschulen, Wirtschaft und Verbänden in diesem Kontext?
Christoph Heemann: Extrem wichtig. Nur wenn alle Beteiligten – von der Ausbildung über die Praxis bis hin zu den berufsständischen Organisationen – an einem Strang ziehen, können wir sicherstellen, dass die Ausbildung den Bedürfnissen der Bauwirtschaft gerecht wird. Der ASBau spielt hier eine zentrale Rolle als Vermittler und Impulsgeber. Unser Ziel ist es, Brücken zwischen Theorie und Praxis zu schlagen, damit zukünftige Bauingenieure optimal ausgebildet werden.