18.01.2022

EuGH zu Mindestsatzklagen nach „alter“ HOAI 2013

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat sich in einer Entscheidung vom 18. Januar 2022 (Aktenzeichen: C‑261/20) mit sogenannten Mindestsatzklagen nach der HOAI in der bis zum 31.12.2020 geltenden Fassung befasst.

Paragraphenzeichen

Hintergrund war das Urteil des EuGH vom 4. Juli 2019 zur HOAI: Demnach verstößt die Verbindlichkeit der Mindest- und Höchstsätze nach der HOAI in der bis zum 31.12.2020 geltenden Fassung gegen europäisches Recht. In der Folgezeit urteilten deutsche Gerichte unterschiedlich über die Frage, ob sich Auftragnehmer gegenüber privaten Auftraggebern angesichts dessen noch mit Erfolg darauf berufen können, dass eine bis zum 31.12.2020 geschlossene Honorarvereinbarung wegen Unterschreitung des Mindestsatzhonorars nach der HOAI in der bis dahin geltenden Fassung unwirksam sei und ihnen daher das Mindestsatzhonorar zustehe (sogenannte Aufstockungs- oder Mindestsatzklagen). Letztlich legte der Bundesgerichtshof (BGH) diese umstrittene Frage im Rahmen eines sogenannten Vorabentscheidungsverfahren dem EuGH zur Klärung vor.

Der EuGH stellte hierzu fest, dass die deutschen Gerichte nicht allein auf Grund des europäischen Rechts dazu verpflichtet seien, die bis zum 31.12.2020 geltenden Mindestsatzregeln der HOAI unangewendet zu lassen. Er betonte jedoch die Möglichkeit der deutschen Gerichte, diese Regeln auf Grund des innerstaatlichen Rechte auszuschließen. Geschehe dies nicht, könne die Partei, zu deren Lasten die bis zum 31.12.2020 geltenden, vom EuGH als europarechtswidrig beurteilten Mindestsatzregeln der HOAI weiterhin durch ein Gericht angewendet würden, deswegen möglicherweise Schadensersatz vom Staat verlangen.

Es bleibt abzuwarten, ob der BGH nunmehr die bis zum 31.12.2020 geltenden Mindestsatzregeln der HOAI auf Grund des deutschen Rechts weiterhin anwenden wird oder nicht. Sollte er sie für unanwendbar erklären, hätte dies zur Folge, dass sich ein Auftragnehmer auch bei einer bis zum 31.12.2020 getroffenen Honorarvereinbarung nicht mehr darauf berufen könnte, dass diese wegen einer Unterschreitung des Mindestsatzes unwirksam sei. Alternativ beschreibt der EuGH in seiner Entscheidung die Variante, dass die Geltendmachung von Mindestsätzen zugelassen wird und die zur Zahlung verpflichteten Auftraggeber hieraus Schadensersatzansprüche gegenüber der Bundesrepublik Deutschland ableiten können. Die Ingenieurkammer-Bau NRW wird über die künftigen Entwicklungen dazu berichten.

Weitere Informationen zum Urteil des EuGH vom 18.11.2022 mit einer Stellungnahme des Präsidenten der Ingenieurkammer-Bau NRW und der Bundesingenieurkammer, Dr.-Ing. Heinrich Bökamp, finden Sie auf der Homepage der BIngK.