16.03.2022

Fachkräfteoffensive Bauingenieurwesen: Gemeinsam gegen den Nachwuchsmangel

Längst decken die Absolventen der verschiedenen Bauingenieurstudiengänge nicht mehr den Bedarf an Nachwuchskräften. Zu viele Planungsbüros klagen bereits heute über unbesetzte Stellen. Wenn die geburtenstarken Jahrgänge in der nächsten Dekade das Rentenalter erreichen, wird sich dieser Trend ohne Gegenmaßnahmen noch erheblich verstärken. Von den rund 11.000 aktiven Mitgliedern der IK-Bau NRW ist rund die Hälfte vor dem 1. Januar 1966 geboren. Dr.-Ing. Heinrich Bökamp, Präsident der IK-Bau NRW: „Angesichts solcher Zahlen ist klar: Wenn wir heute nicht mehr junge Menschen für ein Studium des Bauingenieurwesens begeistern, wird ein eklatanter Mangel an Ingenieurinnen und Ingenieuren die Gesellschaft künftig vor große Probleme stellen. Ohne eine ausreichende Anzahl gut ausgebildeter Ingenieure ist die Instandhaltung und Sicherheit der gebauten Infrastruktur in Nordrhein-Westfalen undenkbar. Deshalb stellen wir uns als Kammer im gesamtgesellschaftlichen Interesse diesem Trend mit aller Kraft entgegen.“

Ina Brandes, Ministerin für Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen
Ina Brandes, Ministerin für Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen
(FOTO: VM/RALPH SONDERMANN)

     

 Dr.-Ing. Heinrich Bökamp, Präsident der IK-Bau NRW
Dr.-Ing. Heinrich Bökamp, Präsident der IK-Bau NRW
Samuel Becker

Ina Brandes, seit Ende Oktober 2021 Ministerin für Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen, hat den Nachwuchsmangel im Bauingenieurwesen als echte Gefahr für den Wirtschaftsstandort erkannt. So hat die Landesregierung jetzt eine Fachkräfteoffensive initiiert, damit Ingenieurinnen und Ingenieure in Zukunft einfacher, schneller und in größerer Zahl ausgebildet werden können. Zum Auftakt dieser Fachkräfteoffensive luden Verkehrsministerin Ina Brandes und Klaus Kaiser, Parlamentarischer Staatssekretär im Ministerium für Kultur und Wissenschaft, am 14. März zum „Expertengespräch Fachkräfteoffensive Bauingenieurwesen“ nach Düsseldorf ein. Rund 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus der Baubranche, Wissenschaft und Politik, darunter auch der Präsident der IK-Bau NRW, Dr.-Ing. Heinrich Bökamp, diskutierten in der hybriden Veranstaltung über die Ausbildung und Qualifizierung von Fachkräften.

Verkehrsministerin Ina Brandes: „Für schnelleres Planen, Genehmigen und Bauen brauchen wir einfach mehr Fachkräfte. Nur so können wir den Trend der Vergangenheit umkehren und unsere Brücken und Straßen besser in Schuss halten. Im Expertengespräch haben wir gemeinsam mit der Baubranche und akademischen Bildung folgende, zentrale Handlungsfelder für unsere Fachkräfteoffensive definiert: Wir müssen Schülerinnen und Schüler stärker für Naturwissenschaft und Technik begeistern, damit sich mehr junge Menschen für ein Studium des Bauingenieurwesens entscheiden. Natürlich soll dann das Studium möglichst praxisnah gestaltet werden und mehr Raum für Spezialisierungen haben. Duale Studiengänge sind hier der richtige Weg.“

In Zukunft müsse man mehr Menschen berufsbegleitend die Perspektive eines Ingenieurstudiums geben, so die Ministerin, um sie für das Planen und Bauen von Verkehrsinfrastruktur zu gewinnen: „Wir brauchen mehr Anreize für ausländische Fachkräfte mit großer Expertise, damit sie bei uns bleiben und in Nordrhein-Westfalen ihre neue Heimat finden. Und generell geht es darum, Planungs- und Genehmigungsverfahren weiter zu vereinfachen, um Bauingenieuren ihre tägliche Arbeit zu erleichtern – das gelingt, indem wir noch viel stärker die Chancen der Digitalisierung nutzen.“

Klaus Kaiser, Parlamentarischer Staatssekretär im Ministerium für Kultur und Wissenschaft: „Wir brauchen dringend mehr Bauingenieurinnen und Bauingenieure!“ Hier könne man nicht früh genug ansetzen. Beispielhaft nannte Kaiser außerschulische Lernorte, wie die zdi-Schülerlabore, in denen Jugendliche neugierig auf technische Berufe gemacht würden. Auch die IK-Bau NRW bietet den Schülerinnen und Schüler im Land schon seit Jahren in verschiedenen Projekten eine spielerische und kreative Möglichkeit, sich für das Bauingenieurwesen zu begeistern: Im bundesweiten Schülerwettbewerb Junior.ING planen und bauen die Schülerinnen und Schüler Modelle von Ingenieurbauwerken. Beim Wettbewerb „Bauen wie Leonardo“ konstruieren Schulklassen funktionstüchtige Brücken aus Holzteilen ohne weitere Fixierung und im Ingenieurunterricht hat die Ingenieurkammer-Bau NRW gemeinsam mit Partnern ein interaktives Unterrichtskonzept mit Praxisbezug entwickelt.

Bei dem Expertengespräch am 14. März diskutierten die Vertreterinnen und Vertreter der Baubranche und der akademischen Bildung nun über gemeinsame Strategien zur Ausbildung und Qualifizierung von Fachkräften. Dr.-Ing. Heinrich Bökamp, Präsident der IK-Bau NRW: „Wann, wenn nicht jetzt! Wer sich heute für ein Studium des Bauingenieurwesens entscheidet, stellt die Weichen für eine gleichermaßen langfristig erfolgversprechende, spannende und abwechslungsreiche berufliche Karriere in einem vielfältigen und technologisch innovativen Berufsfeld.“

Prof. Beate Wiemann, Hauptgeschäftsführerin und geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Bauindustrieverband Nordrhein-Westfalen e.V. stellte fest, dass die Baubranche in Nordrhein-Westfalen gut ausgebildeten Fachkräften beste Zukunftsperspektiven, sichere und attraktive Arbeitsplätze, spannende und innovative Aufgaben sowie eine absolut sinnstiftende Tätigkeit biete. Dr.-Ing. Petra Beckefeld, Technische Direktorin des Landesbetriebs Straßenbau Nordrhein-Westfalen lenkte die Aufmerksamkeit auf den Umbruch, in dem sich der Bausektor befinde. Auf der einen Seite stände der Sanierungsstau der Vergangenheit, Klimaschutz und Nachhaltigkeit auf der anderen Seite. Hier biete der Beruf des Bauingenieurs spannende Möglichkeiten, interdisziplinär und partnerschaftlich, mit digitalen Methoden und Arbeitsweisen unsere Zukunft zu bauen.

Insgesamt waren sich die Teilnehmer der Podiumsdiskussion einig in der Analyse des Problems und über die Notwendigkeit, jetzt mit vereinten Kräften zu handeln. Auch Ministerin Ina Brandes hob in ihrem Resümee hervor, dass es keine weiteren Analysen, sondern kurzfristig Lösungen bräuchte. Damit wäre die Diskussion nur ein erster Schritt, dem kurzfristig weitere folgen werden.

Dr.-Ing. Heinrich Bökamp, Präsident der IK-Bau NRW: „Die Ingenieurkammer-Bau NRW nimmt den Nachwuchsmangel im Bauingenieurwesen seit Jahren sehr ernst und wirbt mit Kampagnen wie Bling.bling.de intensiv für die Attraktivität des Berufsbildes in der jüngeren Generation. Daher unterstützt die Kammer mit ganzer Kraft die Fachkräfteoffensive Bauingenieurwesen des Verkehrsministeriums und steht bereit, um an einer gemeinsamen großen Lösung des Problems mitzuwirken.“