Die Regierungskoalition im Bund hat sich am 3. Juni auf die Eckpunkte eines umfassenden Konjunkturpakets geeinigt. Doch was kommt von den Maßnahmen mit einem Gesamtvolumen von 130 Milliarden Euro bei den Bauingenieurinnen und Bauingenieuren an?
Vergabe vereinfachen
Positiv ist, der Bund will das Vergaberecht temporär vereinfachen, damit öffentliche Fördermaßnahmen schnell in konkrete Investitionsprojekte umgesetzt werden können. Dieser Schrittdürfte in vielen Fällen helfen, befürchtete Auftragsrückgänge durch die öffentliche Hand in den nächsten Monaten abzumildern. Konkret plant der Bund, die Fristen bei EU-Vergabeverfahren zu verkürzen und die Schwellenwerte für beschränkte Ausschreibungen und freihändige Vergaben anzupassen. Der Bund fordert zudem die Länder auf, entsprechende Regelungen ebenfalls zu vereinfachen.
Kommunen stärken
Auch die Stärkung der Kommunen dürfte die Auftragslage der Bauingenieur*innen, die regelmäßig für die öffentliche Hand tätig werden, in den kommenden Monaten stützen. Hier will der Bund mit einem sogenannten kommunalen Solidarpakt 2020 die krisenbedingten Gewerbesteuerausfälle der Kommunen auffangen. Die Kosten sollen sich Bund und Länder teilen. Der finanzielle Anteil des Bundes liegt bei ca. 5,9 Mrd. Euro.
Milliarden für die DB
Der Deutschen Bahn stellt der Bund weiteres Eigenkapital von 5 Mrd. Euro zur Verfügung. Bereits im Rahmen des Klimaschutzprogramms 2030 hatte der Bund beschlossen, sich über 10 Jahre mit jährlich1 Mrd. Euro zusätzlichem Eigenkapital an der Deutschen Bahn zu beteiligen. Das Kapital dient u. a. der Modernisierung, dem Ausbau und der Elektrifizierung des Schienennetzes. Auch von dieser Maßnahme sollten viele Bauingenieur*innen als Auftragnehmer der Deutschen Bahn profitieren.
CO²-Gebäudesanierung ausgeweitet
Positiv dürfte sich ebenfalls die Ausweitung des CO²-Gebäudesanierungsprogramms für dieses und das kommende Jahr um 1 Mrd. Euro auf dann 2,5 Mrd. Euro auswirken. Auch das Förderprogramm zur energetischen Sanierung kommunaler Gebäude stockt der Bund auf und legt zudem ein Programm zur Förderung von Klimaanpassungsmaßnahmen in sozialen Einrichtungen auf. Den finanziellen Rahmen veranschlagt der Koalitionsausschuss hier mit rund 2 Mrd. Euro.
Digitalisierung der Verwaltung
Die Koalition hat während der Coronakrise bei vielen Unternehmen, aber gerade auch in der öffentlichen Verwaltung Defizite im Prozess der Digitalisierung ausgemacht. Hier soll das Konjunkturpaket nach den Vorstellungen des Bundes einen Digitalisierungsschub auslösen. In der Verwaltung will der Bund digitale Prozesse beschleunigen und gerade die Kommunen digital aufrüsten. Das dürfte auch ein positives Signal für die seit Mai laufende Testphase des Bauportals NRW sein, mit dem künftig Bauanträge vollständig digital gestellt werden können.
Umsatzsteuersatz sinkt, Verwaltungsaufwand steigt
Der Koalitionsausschuss hat beschlossen, die Umsatzsteuer vom 1.7.2020 bis zum 31.12.2020 von 19 auf 16 Prozent und den ermäßigten Satz von 7 auf 5 Prozent zu senken. Was der Stimulierung der Binnennachfrage dienen soll, bedeutet für Bauingenieur*innen im Ergebnis erheblich mehr Verwaltungsaufwand. Denn für die Berechnung der Umsatzsteuer ist maßgebend, wann eine Leistung tatsächlich erbracht wurde. Keine Rolle spielt hingegen, wann ein Vertrag geschlossen, eine Rechnung gestellt oder bezahlt wird. Das heißt konkret: Bauingenieur*innen müssen künftig genau dokumentieren, wann eine Teilleistung erbracht wurde und zudem sicherstellen, dass die Büro- und Abrechnungssoftware zu den entsprechenden Stichtagen ein Update erhält.
Direkthilfen an den Bedürfnissen der Bauingenieur*innen vorbei
Im Detail steckt der Teufel allerdings bei der Verlängerung der Direkthilfen für kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Der Bund will diese Betriebe auch in den Monaten Juni bis August mit Überbrückungshilfen von maximal 25 Mrd. Euro unterstützen. Damit greift der Koalitionsausschuss eine zentrale Forderung der Bundesingenieurkammer auf, die ursprünglich bis 30. Mai befristeten Soforthilfen für KMU zu verlängern. Allerdings steht die Hilfe nur Betrieben zur Verfügung, die bereitsim April und Mai Umsatzrückgänge von mindestens 60 Prozent gegenüber dem Vorjahr beklagen mussten und deren Umsatzrückgang in den Monaten Juni bis August noch mindestens 50 Prozent beträgt. Bauingenieurbüros und andere Branchen, die die Coronakrise wegen eines großen Auftragsvorlaufs nur mit Verzögerung trifft, können von dieser Regelung möglicherweise nur eingeschränkt profitieren. Der Bund erstattet konkret die Hälfte der fixen Betriebskosten bei einem Umsatzrückgang von mindestens 50 Prozent; liegt der Umsatzrückgang bei über 70 Prozent, übernimmt der Bund bis zu 80Prozent der fixen Betriebskosten. Maximal beträgt der Erstattungsbetrag 150.000 Euro für drei Monate. Bei Unternehmen bis zu fünf Beschäftigten soll die Erstattung 9000 Euro nicht übersteigen, bei Unternehmen bis zu 10 Beschäftigten soll eine Summe von 15000 Euro nur in begründeten Einzelfällen überschritten werden. Wichtig: Umsatzrückgänge und fixe Betriebskosten müssen von einem Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer geprüft und bestätigt werden. Auch dienen die Hilfen nicht zur Bestreitung privater Lebenshaltungskosten, hier wurde der Zugang zur Grundsicherung erleichtert.
Präsident der IK-Bau NRW zieht positive Bilanz
Dr.-Ing. Heinrich Bökamp, Präsident der Ingenieurkammer-Bau NRW: „Für die Bauingenieure überwiegen die positiven Aspekte des Konjunkturpakets. Gerade der öffentlichen Auftragsvergabe kommen die beschlossenen Maßnahmen in den nächsten Monaten zugute. Die grundsätzliche Zielrichtung des Pakets hin zu einer beschleunigten Digitalisierung und Modernisierung des Wirtschaftsstandortes ist erfreulich und man darf hoffen, dass das Gros der Bauingenieurinnen und Bauingenieure nicht auf Direkthilfen angewiesen sein wird.“
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